Jeder liefert jedem Qualität. Und auch die Genossen des Zirkels „Schreibende Arbeiter“ in den Redaktionsstuben der WELT sind darum bemüht, Qualität zu liefern, denn es kommt nicht nur darauf an, aus der Welt zu berichten, sondern vor allem darauf, die Geschehnisse auch richtig zu interpretieren, wie einst Karl Marx in abgewandelter Form von den Verdammten dieser Erde forderte.
Im Fall des Ablebens des Rechtsextremisten Eugene Terreblanche, den eine Aufnahme von 1994 vor einer roten Fahne mit weißem Kreis zeigen muß, den ein Hakenkreuz ziert, weil kein Foto von seinem Krankenlager zu bekommen war, wo der 69-Jährige nach einer Herz-Operation zuletzt die meiste Zeit verbrachte, fragen wir uns aber ob das so nötig war. Nicht der Mord an einem weißen, ausbeuterischen und rassistischen Farmer, der trotz Krankheit, Vollbart und cholerischem Wesen offenbar noch in der Lage war, sich angeblich wegen eines Streits um Geld brutal im Bett erschlagen zu lassen, von zweien seiner Arbeiter, nein, ob es nötig war, so offen darüber zu berichten, daß nach Aufrufen zur Gewalt auch zur Gewalt Aufgerufene stets bereit sind, diesen Aufrufen zu folgen. Wo sich bereits der TAGESSPIEGEL besorgt äussert, ob die moderaten Taliban in Berlin vielleicht ihre Frühjahrsoffensive abgesagt haben.
Was in Deutschland noch keiner aus Bescheidenheit berichtet, in welchem Zusammenhang zum Beispiel die Maikrawalle, die Überfälle auf Polizeiwachen, das Plündern von Geschäften und die Auftritte von Partei- und Gewerkschaftsfunktionären stehen, Südafrika ist uns viele Siebenmeilenstiefelschritte voraus. Was den Kampf gegen Rechts betrifft.
… Der Zorn der Männer richtet sich gegen Julius Malema. Inbrünstig hatte der Anführer der ANC-Jugendliga Anfang März vor Studenten „Kill the Boers“ (Tötet die Buren) angestimmt, ein Lied aus dem Befreiungskampf. Vor zwei Wochen befand ein Gericht, es handele sich dabei um „aufhetzende Sprache“. Der Effekt aber ist zumindest aus Sicht der AWD offensichtlich: Terreblanche Tod sei Farm-Mord Nummer 18 innerhalb der vergangenen beiden Wochen gewesen. Bis zu Malemas Bemerkungen habe es alle 48 Stunden eine Attacke auf weiße Farmer gegeben. Jetzt vergingen nur noch 18 Stunden bis zum nächsten Toten.
Ein schönes Beispiel, wie Theorien zur materiellen Gewalt werden, wenn sie die Massen ergreifen und wie vorbehaltlos Politiker dort zu ihren Worten stehen und den Taten ihrer Anhänger, während sie sich hier vor der Kamera noch distanzieren müssen. Vorerst. Weil das die demokratischen Spielregeln verlangen.
Inzwischen sind es in Südafrika bereits 1500 Tote, Petra Pau weiß, die Dunkelziffer ist immer höher, die alle Lebensmittelproduzenten waren und weiß, wahrscheinlich auch Choleriker und Bartträger, streitlustig ums Geld wohl auch, die seit 1994, als der ANC in Südafrika die Rassentrennung beseitigte, der Aussöhnung zum Opfer fielen und der Leser fragt sich, welcher Prozess der Aussöhnung? Sollen die Toten mit ihren Mördern ausgesöhnt werden? Oder was ist gemeint, wenn von Aussöhnung geschrieben wird? Und kann Südafrika es sich erlauben, den Aussöhnungsprozess während der Fußballweltmeisterschaft auszusetzen, aus Rücksicht auf die anreisenden weißen Rassisten, die dort in den Arenen aufmarschieren werden, in einheitlicher Kleidung, also uniformiert? Vielleicht gar in Khaki? Würde das nicht die Errichtung des Sonnenstaates unter farbiger, also edler, weil schwarzer Führung, um viele Wochen zurückwerfen? Und ist es das Wert, das bischen Ansehen? Wir glauben nein.
Bild: Journalistischer Anfängerfehler. Einen weißen Rassisten so darzustellen, daß er wie Santa Claus aussieht. Die Bildunterschrift „betet mit seinen Anhängern“ ist zwar gut, das Gesicht eines alten, müden, weißhaarigen Mannes weckt aber nur schwer Abneigung. So etwas sollte nicht noch einmal passieren.
Neueste Kommentare