Archive for the 'Was die Welt bewegte' Category

Rußland wird kämpfen

Maikönigin Berlin 1934*Freiburger Zeitung vom 29.04.1934* Zwischen Honolulu, Charbin und Moskau. Prophezeiungen und Kriegsgespräche im Fernen Osten. Ein Reisebericht von H. Kaub. Nowo-Sibirsk, im April.

Nun sitzt der Mann mit dem Kalmükengesicht und dem riesengroßen, vierkantigen Schädel eine Stunde da und erklärt mir, weshalb Rußland 1. kämpfen wird und 2. siegen muß. „Heute ist das alles ganz anders!“ sagt er und donnert mit der mächtigen Tatze auf das kleine Tischlein, auf dem der „Ober“ des Sibirien-Expreß den Teee serviert hatte. Zucker hatte er keinen gebracht. Man nahm ein Stück Konfekt dazu, durch das man den Tee sog. Jenes Konfekt, das man ißt, an dem man aber nicht riechen soll.

„Damals, vor zwei oder drei Jahren hätte ich nicht sagen können, Rußland wird kämpfen und Rußland wird siegen. Heute kann ich es.“  Er deutet hinaus. Draußen legen Sträflinge und Zwangsarbeiter letzte Hand an die Doppelgleise. Hier zwischen Krasnojarsk und Nowo-Sibirsk wird das automatische Blocksignalsystem soeben ausgebaut. Damit wird die Leistungsfähigkeit der Strecke erhöht.

Mein Reisegefährte ist vielleicht der Hundertste, mit dem ich die fernöstliche Frage erörtere zwischen Honolulo, Tokio und Charbin, Krasnojarsk und Nowo – Sibirsk. Und jeder dieser Hundert hatte eine andere Meinung. Nur in einem waren sich alle klar: daß es eines Tages geschehen werde. Der Krieg im Fernen Osten Asiens. Die Auseinandersetzung.

Der Filmreporter, der von Honululu mit herüberkam, glaubte, es werde schon im Herbst losgehen. Der amerikanische Diplomat, der nach Tokio gebucht war, rechnete mit einer Beschleunigung nach dem Ablauf des Naval- Agreement, also des großen Seeabkommens, das 1935 endet. Denn da würden sich Fragen der „Gleichberechtigung“ aufwerfen, die nicht auf dem Verhandlungswege beizulegen seien. Die Botschafter Chinas, die im vergangenen Monat zu einer Konferenz nach Nanking berufen waren, um über die kommende Politik zu beraten, schätzten, wie einer der maßgebenden Leute Chinas verriet, den Beginn des großen Ereignisses auf spätestens 1936 im Frühjahr.

Die Engländer – ich sprach einen in Singapore stationierten höheren Seeoffizier – glauben nicht daran, daß über den kommenden Sommer hinaus die fernöstliche Frage sich anders als kriegerisch lösen lassen wird. Die Japaner lächeln und sagen nichts. Aber sie betonen meist, daß die mandschurische Frage nicht so brennend sei, um schon jetzt einen Krieg zu wagen. Und die Russen meinen: „Hoffentlich erst in zwei bisr drei Jahren!“ Für sie ist jede gewonnene Stunde eine Stärkung.

In Wladiwostock merkt man die Kriegsgefahr auf Schritt und Tritt. Wer nicht im Kriegsdienst aktiv ist oder als Fremder durchreist, der ist überflüssig und wird abgeschoben, sofern er nicht gerade Spion ist und erschossen werden kann.

Ein in Tokio militärisch ausgebildeter Mandschurenoffizier machte mir eine Rechnung auf, die interessant genug ist, um sie (der Inhalt des Zuggespräches in den Grenzgebieten) wiederzugeben: In Mandschuria und jetzt auf dem Vormarsch in das Land der Mongolen sind 100000 Japaner, 90000 Mandschurentruppen und 10000 Weißrussen, die unter japanischem Kommando stehen. Diese Zahlen stimmen ungefähr mit dem überein, was der mysteriöse Genaral Blücher sagte, als er behauptete, die Japaner 130000 eigene Truppen im Manschurengebiet hätten. Zuzüglich 110000 Mandschurensoldaten und 12000 Weißrussen.

Der gleiche manschurische Offizier sagte, daß die Russen zur Zeit nur 16000 Mann in der Fern – Ost – Armee hätten, einschließlich 10000 Mann Kavallerie. Freilich kämen noch zwei Spezial Korps der GPU hinzu und eine Kavalleriedivision für den Gebietsteil der Mongolei.

So sind die Figuren aufgestellt in diesen Schachfeldern. Jedem Gegner durch raffinierte Spionage genau bekannt. Aber in dem Schachspiel gibt es noch einen Faktor, der allem ein anderes Gesicht zu geben vermag. Die Luftwaffe.

Jener Kalmücke im Zug nach Nowo – Sibirsk meinte: „Der Krieg wird schwer für beide Länder. Aber das Risiko ist größer für Japan als für Rußland. Denn Japan kann niemals das Herz Rußlands erreichen. Aber – Rußland kann in wenigen Stunden das Herz Japans erreichen – mit dem Flugzeug! Die leichten Häuser, die modernen Brandbomben!“

Wie sagte doch kürzlich General Hayashi, der japanische Kriegsminister: „Rußland hat 300 Kriegsflugzeuge und Bombenflugzeuge bei Charbin konzentriert.“ Er schwieg über Wladiwostock, das einst die Russen im Falle eines Krieges räumen wollten. Aber er weiß, daß dort eine große Flugzeugbasis ist, er weiß, daß Wladiwostock heute kämpft und das Zentrum des Vorstoßes nach Japan ist – durch die Luft.

800 Kilometer sind es von Wladiwostock bis nach Tokio. Zwei Stunden für eine der neuen Maschinen.

Inzwischen mühen sich weiterhin jammervolle Zwangsarbeiter an den Doppelgleisen nach dem Fernen Osten. Gehetzt von Drohungen ihrer Aufseher, der Leute von der GPU, die wenig Mitleid kennen.

Die Siedler, die man nach dem Fernen Osten gelockt hat und die zum Teil noch in diesen Tagen und Wochen an ihre Bestimmungsorte verfrachtet werden, sind die Nachhut der Roten Armee des Fernen Ostens, die man auf Selbstversorgung einrichten will, damit sie nicht vier Wochen nach Ausbruch eines Kampfes verhungert ist.

Auch die Frabriken, die man anlegt, dienen diesen Zwecken. Eine riesige, nur auf Krieg, nicht auf Frieden abgestellte Organisation wird hier fieberhaft geschaffen.

„Rußland wird kämpfen, wenn man es angreift!“ sagt der Kalmücke im Sibirienexpreß.

„Japan wurde noch nie besiegt!“ sagt vorsichtig der Mandschurenoffizier, eingedenk dessen. was man ihn auf der Kriegsakademie in Tokio zu sagen lehrte.

Der Westeuropäer schweigt. Er wird es erleben.

Bild: Maiumzug in Berlin  1934. Festwagen mit der Maikönigin.

Demokraten müssen das nicht

Wahlergebnis 1933Im November wurden in Deutschland nicht nur die Juden nur unverdienterweise und überraschend dem sogenannten Volkszorn ausgesetzt, so daß wir heute immer noch fußfällig knien und weinen und Stolpersteine putzen, daß die Sonne sich darin spiegelt, nein, Hitler hielt auch bundesweit, also reichsweit, eine Volksabstimmung zur bisherigen Politik ab und seither weigern sich deutsche Demokraten, Volksabstimmungen reichsweit, ähm, bundesweit, durchführen zu lassen, man weiß ja nie, was am Ende dabei herauskommt.

Den Hitler, jedoch, übler Diktator der er war, fochten solche Bedenken nicht an und auch, wenn, wie man heute weiß, alle Abstimmenden bei Todesstrafe gezwungen wurden, mit JA zur Politik des damaligen Reichskanzlers zu stimmen, votierten von 43425529 Wählern (43 Millionen)  2052100 ( Zweimillionen, also 4,7 Prozent) mit Nein, die kamen dann, fragt Eure Lehrer, umgehend ins Konzentrationslager, wo sie zügig  erschossen wurden.

Demokraten hingegen haben solchen Schmus nicht nötig, das heißt, sich politisch legitimieren zu lassen, alleine, daß sie irgendwann mal mit einigen Prozent Stimmenanteil einen Sitz im Bundestag ergatterten, deckt nach ihrer Vorstellung sämtliche Schandtaten, die sie im Verlaufe der Legislaturperiode begehen, das ist der Vorteil einer parlamentarischen Demokratie, weswegen wir auch alle so an ihr hängen. Und ja, einigen lieben mangels Frauen sogar das Grundgesetz und hoffen, mit diesem Bekenntnis, für besonders mustergültige Demokraten gehalten zu werden. Schwamm drüber.

Am 11. November 1933, in Vorbereitung der Reichstagswahl und der Volksabstimmung, veröffentlicht die *Freiburger Zeitung* die Rede des Reichskanzlers vor Arbeitern, der Blogwart zitiert voller Abscheu einige willkürlich ausgewählte Passagen und enthält sich jeden weiteren Kommentars.

Wahlerfolg

Erst als ich nach Kriegsende sah, daß die politische Führung nicht hielt, was sie der Nation versprochen hatte, sondern daß das Gegenteil kam, da ging ich in das Volk hinein, habe selbst mit Arbeitern gewirkt und habe eine Bewegung gegründet aus der eigenen Überzeugung heraus, daß die Meinung, man könne durch den Kampf der Klassen das Schicksal auch nur einer Klasse bessern, ein Irrtum ist. Wir haben diesen Irrtum im Großen gesehen, auch in der ganzen Welt erlebt, am deutlichsten im Friedensvertrag von Versailles.

Dieser Vertrag baut sich auf zwei grundfalschen Thesen auf. Erstens: der Ausgang eines Krieges, in dem es natürlich immer Sieger und Verlierer geben muß, könne für ewige Zeiten nun die geltende Rechtsnorm im Völkerleben sein, d.h. es könne für immer der Sieger im Recht sein und der Besiegte der Rechtlose. Das ist eine unmögliche These, auf die man keine Völkergemeinschaft aufbauen kann. Die zweite These, die ebenso falsch ist, ist die, zu glauben, es gehe einem Volke um so besser, je schlechter es dem anderen geht. Ein ungeheurer Irrtum?

Diese beiden Thesen, die dem Vertrage von Versailles zu Grunde gelegt worden sind, haben sich in einer verheerenden Weise ausgewirkt, nicht nur für das deutsche, sondern auch für die anderen Völker. Die Welt ist nicht befriedet worden, …, die Welt ist im Gegenteil in immer neue Händel und Hader gestürzt worden.

Und genau so unsinnig war der zweite Gedanke, die Wirtschaft eines großen Volkes auf der einen Seite mit unerträglichen Lasten zu beladen und sie auf der anderen Seite zu zerstören, ihr alle Möglichkeiten abzuschneiden. Wir haben dann erlebt, daß Deutschland, um seine wirtschaftlichen Verpflichtungen zu erfüllen, gezwungen war, sich unter allen Bedingungen auf den Exportmarkt zu werfen und daß der verschärfte internationale Konkurrenzkampf begann, daß die politische Schuld allmählich verwandelt wurde in eine wirtschaftliche Schuld und der Zinsendienst genau dieselben Folgen zeitigte wie der Kontributionsdienst vorher. Wir haben erlebt, wie die Rationalisierung kam, wie man Millionen Menschen einsparte, immer nur getrieben von dem Gedanken: wir müssen exportieren, um jeden Preis, um Devisen zu beschaffen. Der Binnenmarkt ist dadurch allmählich zerstört worden und die Millionenarmee von Erwerbslosen entstanden….

Ich war damals im Jahre 1919 überzeugt, daß über alle Klassen hinweg das Volk sich selbst wieder zusammenfinden muß. Es war natürlich, daß sich dagegen viele Interessenten wenden würden; es war verständlich, daß die Organisationen, die die Klassen bildeten, sich dagegen sträuben würden. Man kann aber nicht das Volk zugrunde gehen lassen, weil diese Organisationen leben wollen, denn ein Volk lebt nicht für Theorien, nicht für Programme, auch nicht für Organisationen, sondern alle diese haben dem Leben des Volkes zu dienen.

Und heute erleben wir, daß auch der Völkerstreit untereinander gepflegt wird von ganz bestimmten Interessenten. Es ist eine wurzellose internationale Klique, die die Völker gegeneinander hetzt. Es sind das Menschen, die überall und nirgendwo einen Boden haben, auf dem sie gewachsen sind, sondern die heute in Berlin leben, morgen in Brüssel sein können, übermorgen in Paris und dann wieder in Prag oder Wien oder in London und die sich überall zu Hause fühlen. Sie können überall ihre Geschäfte tätigen aber das Volk kann ihnen nicht nachfolgen, das Volk ist ja gekettet an seinen Boden, ist gebunden an seine Heimat, ist gebunden an die Lebensmöglichkeiten seines Staates, der Nation. Der Bauer ist auf seinem Boden festgesetzt, der Arbeiter an seinem Werk.  …

Ich habe … nicht eine Maßnahme getroffen, die irgendeinen Staatsmann beleidigen oder ein Volk verletzen konnte. Im Gegenteil: In diesen neun Monaten erklärte ich immer wieder: Die Völker müssen wieder vernünftig werden und sich nicht von einer kleinen Clique internationaler Menschen gegeneinander verhetzen lassen. Ich erklärte, das deutsche Volk hat nur den einen Wunsch, nach seiner Fasson selig zu werden, man solle uns in Ruhe lassen. Wir mischen uns nicht in die Angelegenheiten anderer ein, und sie sollen sich nicht in unsere einmischen. …

Wir wollen Frieden und Verständigung, nichts anders. Wir wollen unseren früheren Gegnern die Hand geben! … Man sagt, Ihr meint es nicht ehrlich. Ich sage: Was soll ich denn tun, daß ihr uns glaubt? … ich glaube, in einer solchen Zeit muß man sehr hart sein und darf vor allem von seinem Recht keinen Zentimeter abweichen. Ich bin der Überzeugung, daß alle Probleme des Lebens, wenn verschiedene Partner in Erscheinung treten, nur gelöst werden können, wenn diese Partner gleichberechtigt sind. … Es geht nicht an, daß ein Volk alle Rechte hat und das andere Volk hat überhaupt kein Recht.

Wenn irgendetwas den Frieden erschüttert und Unfrieden erzeugt, dann ist es eine solche ungleiche Verteilung des Rechts im Leben des Einzelnen sowohl auch im Völkerleben. Und ich würde ein Lügner werden am deutschen Volk, wenn ich ihm eine wirtschaftliche Verbesserung seiner Lage versprechen wollte, ohne zugleich seine Gleichberechtigung in der Welt zu fordern. Das eine geht nicht ohne das andere. …

Wenn die Welt diktieren will, dann ohne meine Unterschrift. Und wenn die Welt sagt, wir sind dazu gezwungen, weil wir euch nicht trauen können? Wieso? Wann hat das deutsche Volk jemals sein Wort gebrochen? Es hat leider meist sein Wort zu hartnäckig und allzu treu gehalten. …

Wir protestieren dagegen, daß man den Charakter eines Volkes nach seinen Emigranten beurteilen will. Wir beurteilen die anderen Völker auch nicht nach denen, die bei uns über ihren Staat schimpfen. Wir beleidigen nicht Engländer und Franzosen nach irgendeinem Hergelaufenen, der hier genau so wenig zu Hause ist, wie vorher in Paris und morgen in London. Das sind nicht die wertvollen Elemente einer Nation. Wertvoll sind die, die da sind. Die Arbeitenden und die Schaffenden, nicht die internationalen Zigeuner. … Viele Jahre hindurch hat das Ausland damit gerechnet, in Deutschland Verbündete zu haben. Erst waren es charakterlose Fürsten, die eiskalt ihre Völker verrieten, dann sind es die Parteien gewesen. Immer haben sie Verbündete gehabt. Jetzt will ich den Gegnern zeigen, daß wir heute keine Verbündeten  in Deutschland haben. Was heute sich verbunden fühlt, ist das deutsche Volk. …

Und genau so bitte ich Sie auch: Treten Sie ein für den Begriff des gleichen Rechts, so wie sie selbst kämpfen mußten und gekämpft haben für das eigene Recht als deutsche Arbeiter. Genau so müssen wir heute kämpfen für das Lebensrecht unseres ganzen volkes, müssen eintreten dafür und dürfen nicht selbst unsere Ehre, unser gleiches Recht preisgeben. Daher müssen Sie meinen Entschluß verstehen, wenn ich den hohen internationalen Mächten nun erkläre: Wir sind gerne bereit, an jeder Konferenz mitzuwirken, wir sind gerne bereit an jedem internationalen Vertrag mitzuwirken – aber immer nur als Gleichberechtigte!

Wenn ich euch auffordere, am 12. November einzutreten, Mann für Mann, für mich zu stimmen, für diesen Entschluß, für diesen Reichstag, so könnt ihr nicht sagen, das brauchst du. Ich brauche das persönlich wirklich nicht. Ich habe noch für 8 1/2 Jahre Generalvollmacht. Ich stehe fest. Nicht ich brauche es, das deutsche Volk braucht es, ihr selbst braucht es. Eure Arbeit braucht es. Ihr werdet jetzt vor die Welt treten mit mir und hinter mir und feierlich erklären: Wir wollen nichts anderes als Frieden. Wir wollen nichts anderes als Ruhe. Wir wollen nichts anderes als uns unseren Aufgaben widmen. Wir wollen unser gleiches Recht und lassen uns nicht unsere Ehre von irgend jemand nehmen.

Wenn wir das am 12. November tun und wenn die ganze Nation ihre Pflicht erfüllt, dann wird damit zum erstenmal vielleicht in der deutschen Geschichte der ganzen Welt klar, daß sie nun anders mit uns verkehren muß, daß sie nicht mehr hoffen kann auf unsere Uneinigkeit und Zersplitterung, daß sie sich abfinden muß mit dem was ist, nämlich mit dem deutschen Volk. *Zitat Ende*

Bild: Wäre es 1933 möglich gewesen, sich dem öffentlichen Druck nicht zu beugen und nach Fernbleiben von der Abstimmung oder einer „Nein“ – Stimme ohne das Abzeichen „Ja“ sich auf der Straße sehen zu lassen? Sicher. So kann man nur raten, was zu diesem Wahlergebnis führte. Keinesfalls jedoch eine Übereinstimmung mit Worten oder Maßnahmen der Regierung Hitler. So viel steht fest.

Das Neueste

Inflation 1923*Coburger Zeitung vom 17. Oktober 1923* … Die Reichsregierung ist fest entschlossen, dafür zu sorgen, daß die öffentliche Ruhe und Ordnung in Sachsen aufrecht erhalten bleibt. Sollte es sich als nötig erweisen, so wird sie die in Sachsen liegenden Truppenteile verstärken. … In Hildesheim wurden 72, in Alfeld 30 Kommunisten verhaftet, darunter bekannte Führer aus Hannover. Zahlreiches politische Material wurde beschlagnahmt, u.a. Mobilmachungspläne.

In Mannheim gab es bei Zusammenstößen mit Plünderern und Polizei 2 Tote und eine Anzahl Schwerverletzte, 40 Plünderer wurden festgenommen. In Köln wurde ein junger Mann erschossen. In Düsseldorf wurden 37 Personen verhaftet. In Berlin wurden bei Tumulten Erwerbsloser vor dem Rathaus eine Anzahl Personen verletzt.

Den 14 Rädelsführern des Küstriner Putschversuches ist die Anklage, die auf Hochverrat lautet, zugestellt worden. Für die Verhandlung sind vorläufig zwei Tage vorgesehen. …

Kulmbach, 14. Okt. Teuerungsaufstände ereigneten sich auf dem letzten Wochenmarkt. Einem Besitzer, der das Pfund Zwetschken mit 12 Millionen verkaufen wollte, sollten die Pferde ausgespannt werden. Während die Polizei den Attentäter auf die Wache  brachte, machten sich  – angeblich – Erwerbslose über die Fuhre her und verkauften das Pfund um 3 Millionen, so daß der Wagen bald geleert war. …

Nürnberg 15. Okt. Die ungeheuren Preissteigerungen auf dem Lebensmittelmarkt haben am Sonnabendmarkt eine förmliche Panikstimmung ausgelöst. Alte Leute, die mit einem irrsinnig anmutenden Lachen von den Ständen weghasteten, Frauen, die immer wieder mit aufgeregten Fingern ihr vieles Papiergeld zählten, das trotzdem nicht reichen wollte, und überall verzweifelte, angstvolle, ratlose Gesichter – das war die Grundstimmung. Die Marktpolizei hatte bei Verkaufsbeginn zu tun, um die teilweise ungeheuerlich hoch einsetzenden Preise wenigstens etwas zu drücken.

Bild: 3 Milliarden für eine einfache Männerkleidung: Die notwendigsten Kleidungsstücke in je einem Exemplar kosten heute in Berlin drei Milliarden.

Die Jahrhundertfeier zur Völkerschlacht

Blücher und York*Die Freiburger Zeitung vom 16.10.1913* schreibt: Memel, 15. Oktober. Heute abend 6 Uhr begann hier der Staffettenlauf Memel – Leipzig. Der Vorsitzende des Turnvereins, Rechtsanwalt Goßlowsky, übergab am Nationaldenkmal nach einer Aussprache dem ersten Läufer den Behälter mit der Urkunde, die ein Treuegelöbnis der deutschen Turnerschaft an den Kaiser enthält und dem Monarchen bei der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals übergeben werden soll.

Wien, 15. Okt. Die Feier der Völkerschlacht bei Leipzig wurde heute abend mit einem Zapfenstreich, an dem sämtliche Regimentskapellen der Wiener Garnision teilgenommen haben, eingeleitet. Die Kapellen marschierten mit klingendem Spiel, geleitet von Lampionträgern, über die von einer vieltausendköpfigen Menge erfüllte Ringstraße vor das Schwarzenbergdenkmal, wo die Volkshymne angestimmt und von Tausenden mitgesungen wurde.

Der Völkerbund und die Judenfrage 1933

Spielkasino*Freiburger Zeitung 29. September 1933* Dr. Göbbels vor den Vertretern der Weltpresse: „Eine der am häufigsten gegen das nationalsozialistische Deutschland erhobenen Vorwürfe ist der, daß seine Behandlung der Judenfrage den Gesetzen der Humanität zuwiderlaufe und deshalb in der ganzen Welt auf Verständnislosigkeit gestoßen sei. Auch darüber sei mir ein Wort gestattet, vor allem im Hinblick darauf, daß die Judenfrage an sich die ganze Weltöffentlichkeit auf das tiefste bewegt hat und in der parteiischen Darstellung vielfach von vornherein das Verständnis in der Welt verbaut. Ich stehe nicht an, offen zuzugeben, daß im Verlaufe der nationalen Revolution in Deutschland gelegentlich Übergriffe seitens unkontrollierbarer Elemente geschehen sind. Das aber ist nicht das Ausschlaggebende. Wie die deutsche Regierung die Auseinandersetzung mit der Judenfrage auf gesetzmäßigem Wege vornahm, so wählte sie damit die humanste und unleserlich Methode. Unverständlich aber erscheint uns, gegen unleserlich Abwehrreaktion in Deutschland zu protestieren, andererseits sich zu weigern, den von Deutschland abwandernden jüdischen Überschuß aufzunehmen. …“

*Freiburger Zeitung 30. September 1933* Die Judenfrage vor dem Völkerbund. In der heutigen Vollsitzung der Völkerbundsversammlung legte der holländische Außenminister de Graeff einen Entschließungsentwurf über die Behandlung der deutschen Judenfrage vor. Er betonte dabei, daß ihm der Gedanke einer Einmischung in die innerdeutschen Angelegenheiten fern liege und es sich darum handle, praktische Maßnahmen angesichts der Tatsache zu treffen, daß Tausende von deutschen Staatsangehörigen in die benachbarten Länder auswanderten und mit den bisherigen Mitteln nicht versorgt werden können. … In der gleichen Sitzung kündigte der schwedische Außenminister Gundler seine Absicht an, die Judenfrage unter dem Gesichtspunkt des Minderheitenrechts zur Sprache zu bringen. …

*2. Oktober 1933 Abendausgabe der Freiburger Zeitung* Die Einstein – Kundgebungen. Daily Mail erneuert heute ihre Kritik an den für morgen geplanten Kundgebungen in der Albert Hall, bei der Prof. Einstein einen Vortrag halten wird. Das Blatt sagt, angeblich bezwecke die Veranstaltung zu Geldsammlungen für die deutschen Flüchtlinge aufzurufen, aber tatsächlich werde sie allenthalben als eine Kundgebung gegen das Hitlerregime betrachtet werden. …

*Freiburger Zeitung 4. Oktober 1933* Judenfrage keine Minderheitenfrage. Gesandter von Keller über den Standpunkt Deutschlands zum Minderheitenproblem. … Das Problem der nationalen Minderheiten erschöpfe sich aber nicht in der Frage des Verfahrens vor dem Völkerbunde zu ihrem Schutz; es handele sich um eine grundsätzliche Auseinandersetzung über das Nationalitätenproblem. Die auf Grund der Friedensverträge vorgenommenen Grenzziehungen hätten die Hoffnung einer Neuordnung der Staaten Europas nach dem Selbstbestimmungsrecht schwer enttäuscht. … Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung des jetzigen Standes des Nationalitätenproblems sei die immer noch bestehende Tatsache zu einer mehr oder weniger erzwungenen Assimilierung fremder Minderheiten durch das Mehrheitsvolk. Von deutscher Seite sei immer wieder betont worden, daß das neue Deutschland tiefes Verständnis für die Gefühle und Lebensinteressen anderer Völker habe und sie auch zu respektieren bereit sei. Es wehre sich aber gegen jeden Versuch, Deutsche zu entnationalisieren. Die deutschen Volksgruppen im Auslande hätten vielfach zu ihrem Leidwesen erfahren, daß fremde Völker diejenigen Rechte, die sie für sich und ihre Minderheiten im Auslande beanspruchen, den bei ihnen lebenden deutschen Minderheiten noch nicht grundsätzlich zuzugestehen bereit seien. …

Die Juden Deutschlands seien weder eine sprachliche noch eine nationale Minderheit und hätten auch niemals Wünsche geäußert, als solche behandelt zu werden. Die Ausübung der jüdischen Religion sei in Deutschland völlig unbehindert. Es handelt sich in Deutschland in erster Linie um ein bevölkerungspolitisches und soziales Problem. … Beim Abschluß zweiseitiger Verträge sei eine praktische, befriedigende  Lösung kaum zu erwarten, wenn die Vertragspartner über die grundsätzliche Seite des Minderheitenschutzes, den Volkstumsgedanken, verschiedener Meinung sind.

*Freiburger Zeitung 6. Oktober 1933* Die Genfer Minderheitendebatte. Die französische Delegation hat am Schluß der heutigen Sitzung den französischen Resolutionsentwurf eingebracht. Danach soll die diesjährige Bundesversammlung feierlich die Empfehlung der Völkerbundversammlung vom 21. September 1922 bestätigen und verkünden, daß die Staaten, die gegenüber dem Völkerbund nicht durch formelle Verpflichtungen auf dem Gebiete des Minderheitenschutzes gebunden sind, trotzdem gehalten sind, ihre Minderheiten der Rasse, Religion und Sprache gerecht und tolerant zu behandeln.

Der gegenüber dem ursprünglichen Entwurf bezeichnenderweise abgeänderte zweite Absatz lautet: Die Völkerbundsversammlung ist der Ansicht, daß sie eine Interpretation der Minderheitenverträge oder der obigen Empfehlung nicht als begründet zulassen kann, die gewisse Kategorien von Staatsbürgern von den Vorteilen der Bestimmungen der Verträge ausschließt, indem diese Bestimmungen sich auf alle Staatsbürger ohne Unterschied der Rasse, Sprache oder Religion beziehen.

*Freiburger Zeitung 7. Oktober 1933* Keine Einigung in der Minderheitenfrage. … Hinsichtlich des gestern eingereichten französischen Antrages, gewisse Grundsätze für die Gesetzgebung aller Länder für verbindlich zu erklären, standen sich die Meinungen unvermittelt gegenüber. Der deutsche Vertreter wies nachdrücklich darauf hin, daß der Teil des französischen Antrages, der eine Rechtsgrundlage für die internationale Diskussion der deutschen Arierbestimmungen liefern soll, für Deutschland unannehmbar sei. … Wird der deutschen Auffassung nicht Rechnung getragen, so besteht keine Aussicht auf die Annahme der Entschließung, da hierfür Einstimmigkeit notwendig ist.

*Freiburger Zeitung 9. Oktober 1933* Keine Übereinstimmung in der Minderheitenfrage. … Der englische Antrag, der das Beschwerdeverfahren verbessern sollte, stieß, wie zu erwarten war, auf den Widerstand der kleinen Entente und wurde mit Zustimmung Englands in Form einer Empfehlung für den Völkerbund gekleidet..

Andererseits widersetzte sich England dem polnischen Antrag, der für alle Staatsbürger, die Gleichberechtigung ohne Unterschied der Rasse, Sprache und Religion forderte. Die polnische Resolution wurde schließlich zurückgezogen, nachdem auch die französischen und italienischen Vertreter sich dagegen ausgesprochen haben.

So stand nur noch der französische Antrag zur Diskussion, … und der in seinem zweiten Absatz in unverkennbarer Tendenz gegen Deutschland die Zurücksetzung von einzelnen Staatsbürgerkategorien verbieten will. Der erste Absatz wurde von dem deutschen Vertreter angenommen mit der Maßgabe, daß er auf die eigentlichen Minderheiten Anwendung finden müsse. Bei der Diskussion über Absatz 2 wurde die französische Absicht deutlich, Deutschland zu isolieren. Der französische Delegierte, Senator Bèrenger, sprach von der Notwendigkeit einer Protesterklärung gewisser Regierungen und von den heiligen Pflichten des Völkerbundes auf diesem Gebiet. … Ohne auf die deutschen Argumente einzugehen, verlangte der französische Vertreter die Abstimmung, bei der sämtliche Mitglieder für Absatz 2 stimmten. … Der deutsche Vertreter wird sowohl im politischen Ausschuß als auch in der Vollversammlung gegen diese Entschließung stimmen, so daß die nach der Geschäftsordnung zur Annahme erforderliche Einstimmigkeit nicht erzielt werden wird.

Der Blogwart ergänzt:  Wenige Tage später tritt Deutschland wegen Unstimmigkeiten bei den Abrüstungsverhandlungen aus dem Völkerbund aus.

 

 

 


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