Seegefecht bei Jasmund

Schleswig Holstein. Über das erste Seegefecht, welches ein Teil der preussischen Marine gegen die an Zahl und Kanonen weit überlegene dänische Flotte in der Ostsee geliefert hat, hat der Kapitän zur See, Jachman aus Swinemünde, d. 17. Abends folgende offizielle Anzeige gemacht.

„Eurer konigl. Majestät Schiffe „Arcona“, „Nymphe“ gingen heute von Swinemünde nach der Divenow und von dort nach Arcona, ohne dänische Kreuzer zu treffen. Um 12 1/2 Uhr bekam ich 7 dänische Schiffe in Sicht, nordöstlich von Arcona, und der Kapitän Kuhn, welcher mit der „Loreley“ von Thiessow aus zu mir stiess, meldete mir, daß die Schiffe Fregatten seien. Ich gab den Befehl, die Kanonenboote unter Land zurückzuziehen und griff mit der „Arcona“, „Nymphe“ und „Loreley“ in einer offenen Ordnung den Feind an, welcher sich mittlerweile sammelte und in zwei Kolonnen rangierte. Als ich mich dem Feind näherte, stellte sich heraus, daß der Feind uns ein Linienschiff, zwei Fregatten, zwei Korvetten und einen Panzerschoner entgegenführte, sämmtlich Schraubenschiffe. (Also Schiffe, die mit Dampfkraft fuhren und nicht nur auf den Wind angewiesen waren.)

Um 2 Uhr eröffneten unsere Schiffe das Feuer, das bald von den Dänen erwidert wurde, worauf sich ein laufendes Gefecht bis 5 Uhr fortsetzte und die Dänen „Arkona“ und „Nymphe“ bis vor Swinemünde verfolgten.  Der Verlust auf ihnen sind 5 Tote und 8 Verwundete, darunter schwer verwundet der erste Offizier Eurer Majestät Korvette, Lieutenant Berger, welcher im Beginn des Gefechts an meiner Seite getroffen wurde. Eurer königl. Majestät gereicht mir zur besonderen Ehre, melden zu können, daß Offiziere und Mannschaften sich während dieses Engagements tapfer und kaltblütig benommen haben. Von der „Loreley“ ist mir noch keine Meldung zugegangen, sie ist nach Thiessow zurück. Die erste Division Kanonenboote konnte nur einen sehr entfernten Teil am Gefecht teilnehmen und dürfte keine Verluste haben. Das dänische Geschwader war dem unsrigen in jeder Hinsicht weit überlegen, dürfte aber ähnliche Verluste erlitten haben.“

In einem Bericht der Nat.-Ztg wird das Verhältnis der beiden Streitkräfte folgendermaßen  geschätzt: Die Dänen hatten nach mäßiger Berechnung 1 Schrauben – Linienschiff mit 64 Kanonen, 2 Schrauben – Fregatten, zusammen mit 84 Kanonen, 2 Schrauben – Korvetten, zusammen mit 28 Kanonen, 1 Panzerschoner mit 3 Kanonen, Summa 179 Kanonen. Preußischerseits standen gegenüber: Die Schrauben – Korvette „Arcona“ mit 28 Kanonen, die Schrauben – Korvette „Nymphe“ mit 13 Kanonen, die Aviso „Loreley“ mit 2 Kanonen. Hierzu die 13 Kanonen der ersten Flotillendivision gerechnet, welcher jedoch ein näherer Anteil nicht gestattet war, so ergibt dies in Summa 56 Kanonen. – Die drei obengenannten Fahrzeuge hatten überdies noch keine Schießübungen abhalten können und vorher keinen scharfen Schuß getan.

Einem Bericht der Ostsee-Ztg. aus Swinemünde d. 17. entnehmen wir noch Folgendes: „Die „Arcona“ nahm zuerst den Kampf auf, die „Nymphe“ folgte. In der Entfernung wurden 6 unserer Dampfkanonenboote gesehen, konnten sich aber nicht am Gefechte beteiligen. Nach etwa 3stündigem Kampfe, in dem mit Vollkugeln, später mit Granaten geschossen wurde, zogen sich unsere Schiffe, der Übermacht weichend, zurück und deckte die „Nymphe“ den Rückzug der „Arcona“. Die „Nymphe“ zählt 2 Tote und 2 Verwundete; die „Arcona“ 3 Tote und 2 verwundete, zu welchen Letzteren auch der Lieutenant I. CL. Berger gehört. Die Takelage der Schiffe ist arg mitgenommen. Die „Nymphe“ hat an der Backbordseite ca. 12 Schuss, grösstenteils matte Kugeln; (12 Treffer aus ermatteten Kugeln, die ihre Wucht verloren hatten, die Entfernung muß also ziemlich groß gewesen sein.) sie erhielt eine glatte Lage von dem Linienschiff und der Fregatte gleichzeitig. Die „Arcona“ ist wenig beschädigt, sie erhielt nur drei leichte Schuß. Die „Nymphe“ hatte den härtesten Standpunkt, indem sie gleichzeitig mit 3 Fregatten und dem Linienschiff engagiert war; es wurden drei Boote derselben, Stützen ec. zerschossen und der Schornstein beschädigt; das stehende und laufende Taugut, wurde mitunter von den feindlichen Kugeln erreicht; doch steht die Beschädigung nicht im Verhältnis zu der Masse der Geschosse. Die Reparatur wird 8 Tage in Anspruch nehmen.

– Die Loreley“ war auch im Gefecht. –  Die Kommandanten und Offiziere haben während der Affaire die größte Kaltblütigkeit an den Tag gelegt und ist der Mut und die große Ruhe, mit der die Mannschaft die Befehle vollzog, hervorzuheben. – Trotz des so ungleichen Kampfes haben die Dänen dennoch eine Lektion bekommen, da unsere Kanoniere gut getroffen haben. Die Beschädigungen der feindlichen Schiffe nicht zu ermitteln, doch bemerkte unsere Mannschaft zu zwei Malen Feuer auf dem Linienschiff; eine Granate ist der einen feindlichen Fregatte vom Bug aus durch das ganze Schiff gefahren. Viele feindliche Kugeln gingen weit über unsere Schiffe hinweg.“

– Wie der Preuß. Staatsanzeiger berichtet, ist der Kapitän zur See Jachmann, für die im Gefecht bewiesene Tapferkeit vom Könige sofort  zum Contre – Admiral ernannt worden.  *Coburger Zeitung 21.03.1864* Bild: Vordergrund eine preußische Korvette und der Avisor „Loreley“, die Breitseiten mit der dänischen Marine austauschen.

7 Antworten to “Seegefecht bei Jasmund”


  1. 2 Prosemit 21. März 2011 um 07:31

    In dem Zusammenhang weise ich gerne auf eine relativ neue Seite mit hervorragenden historischen Photos in HQ hin. Eine Fundgrube – zumindest für die USA.

    http://www.shorpy.com/node/9166

  2. 3 Prosemit 21. März 2011 um 07:37

    Noch in Bild, exakt aus dem Jahr 1865, ein Kriegsschiff mit einer Kanone, man beachte die griffbereiten Säbel im Hintergrund.

    Diesmal die HQ Auflösung :

    http://www.shorpy.com/node/9012?size=_original

  3. 4 Karl Eduard 21. März 2011 um 07:40

    Schön.

  4. 5 cetede 21. März 2011 um 16:00

    Um Himmels willen, haben die etwa Kinder in den Krieg geschickt? Da ging es ja fast so zu, wie heutzutage in Japan. Da schickt man auch Minderjährige zum Feuerlöschen.

  5. 6 Karl Eduard 21. März 2011 um 18:05

    Ja. Grauenvoll.

  6. 7 Prosemit 22. März 2011 um 10:07

    Noch ein Lesetip :

    Aus derselben Zeit eine sehr authentische, aber literarische Schilderung einer Schlacht. Er war dabei und er war ein Schriftstelelr ersten Ranges. Ähnlich dem späteren Jünger im Stahlgewitter.

    Die Rede ist von Detlev Freiherr von Liliencron. Ich zitiere kurz Wikipedia :

    Detlev von Liliencron wurde 1844 als Sohn von Louis Freiherr von Liliencron und Adeline (geb. von Harten) geboren. Sein Vater war dänischer Zollbeamter und entstammte einer verarmten Adelsfamilie.

    Nachdem er die Ausbildung am Gymnasium abgebrochen hatte, absolvierte er die Realschule in Erfurt und trat in die Berliner Kadettenschule ein. Seine Karriere begann als Kavallerieoffizier in der preußischen Armee (Deutscher Krieg 1866 und Deutsch-Französischer Krieg 1870/71), wo er mehrfach ausgezeichnet wurde, seine jugendliche Kriegsbegeisterung freilich einbüßte. Wegen Glücksspiels und den daraus resultierenden Schulden (von denen er auch später nie loskam) war er 1875 gezwungen, den Militärdienst zu quittieren.

    Aus dem Band Kriegsnovellen die Novelle „Eine Sommerschlacht“
    http://gutenberg.spiegel.de/buch/2039/4


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