Sigmar Gabriel denkt nach. So hat der Fotograf sein Foto genannt. Ein großes Bild, ein schwerer Mann. Die Anstrengung des Nachdenkens ist ihm ins Gesicht geschrieben. Worüber denkt er nach, mag sich der Betrachter fragen? Auf jeden Fall über etwas Wichtiges. Etwas Wichtiges für die Welt. Die Denkerstirn liegt in Falten. Tief haben sie sich in das besorgte Antlitz eingegraben. Kundige könnten darin lesen, mangels Handlinien. Das Bild eines intellektuellen Schwerarbeiters. Besorgt blicken seine Augen ins Irgendwo. Über die Schulter dessen, der sich sein Kopfportrait ansieht. Was schaut Sigmar Gabriel, sorgenumwölkt? Was sieht er? Sieht er das heraufdämmernde Zeitalter überbordenden Internets, in dem Hetze, Beleidigungen oder gar Bedrohungen als „eine Art Folklore“ hingenommen werden? Bitternis umflort seinen Mund, der sonst die Weisheit der Klassenletzten verkündet oder die Rettung der Eisbären vorm Eis. Ein Mahner, ein Denker, den der Fotograf hier abgebildet hat, eine Kassandra im Anzug. Verlacht und verkannt von der Welt, dennoch unaufhörlich Sätze plappernd, die keiner hören will, als Sigmar Gabriel selbst. Ein schweres Los, so vom Schicksal gezeichnet zu sein. Der, der die Hiobsbotschaft bringt, macht sich nie beliebt. Aber tapfer trägt Sigmar Gabriel die Aufgabe, die sich Sigmar Gabriel selbst aufgebürdet hat. Ein kleines Licht, in finsterer Nacht, das trotzig vor sich hin flackert und ruft: „Ich leuchte Euch!“ Und dafür sind wir ihm dankbar.
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